Logo von Hauser CoachingWas dürfte man dir nicht nehmen?

Ralf Hauser, Supervisor und Coach

Häufig stimmen die Ziele, die wir verfolgen, nicht mit unseren Werten überein. Unsere Werte beschreiben, was uns wichtig ist. Die Werte, also das was uns tief im Inneren wichtig ist und was uns wie ein Kompass durch das Leben führt, soll immer über Zielen stehen.

Werte können beispielsweise sein:

Wahrhaftigkeit, wenn du Wahrheit leben willst
Hilfsbereitschaft, wenn du bei anderen etwas bewegen willst
Kontaktfreude, wenn du nicht nur vor dem Bildschirm sitzen willst
Fairness, wenn du willst, dass es gerecht zugeht
Flexibilität, wenn du dich schnell in unterschiedlichen Situationen zurechtfindest
Offenheit, wenn die Neugier dich packt für alles Spannende

In welchen Momenten blühe ich bei der Arbeit auf? Wann fliegt die Zeit nur so an mir vorbei? Wann empfinde ich eine tiefe Befriedigung? Was ist an den Situationen/Tätigkeiten für mich so wichtig, dass ich dabei aufblühe? Mit der Beantwortung dieser Frage erkennt man seine Werte. Wenn ich meine Werte kenne, kann ich Entscheidungen danach treffen, ob meine Werte dadurch erfüllt sind. Wenn ich meine Werte kenne, kann ich mehr von dem tun, was mich zutiefst befriedigt.

Es kann sein, dass wir mehrere Werte haben, die nicht miteinander vereinbar sind. Konflikte mit voneinander abweichenden Werten machen es dann erst recht schwer, sich zu orientieren und von dem hin- und hergerissen sein, weg zu kommen. Hier hilft eine Rangfolge, sich also bewusst zu machen, welcher Wert dann doch wichtiger ist – mehr Gewicht hat für das eigene Leben.

Um sich der eigenen Werte bewusst zu werden, können wir uns folgende Fragen stellen:

  1. Was ist mir in diesen Lebensbereichen (Job, Familie, Freunde, Partnerschaft, Verein, Sport, Kirchengemeinde) besonders wichtig?
  2. Wann habe ich mich kürzlich richtig gut gefühlt und welcher Wert könnte da befriedigt worden sein?
  3. Wann hattest du kürzlich eine Situation, in der du dachtest: „Das geht gar nicht?“ Situationen, die uns gegen den Strich gehen, machen uns die eigenen Werte am schnellsten deutlich. Da sind wir dann ganz nah dran.
  4. Was setzt dich unter Druck? Wie reagierst du dann?
  5. Wofür gibst du dein Geld aus und wofür ist das erhaltene/erworbene gut?

Wenn wir uns unseren vielen Werten klargeworden sind, können wir über die Wichtigkeit der Werte oder noch unterdrückter Werte mit folgenden Fragen Klarheit bekommen:

  1. Stell dir vor, dein Leben ist perfekt. Jetzt wägen wir die einzelnen Werte gegeneinander ab. Wie ist es dann in einem perfekten Leben, wenn der eine Wert voll erfüllt ist und der andere Wert keine Rolle spielt?
  2. Denke an einen besonders belastenden Moment. Was war so belastend? Welche deiner Werte wurden missachtet, so dass die Situation belastend wurde?

Wenn wir Menschen mit unseren unterschiedlichen Werten aufeinandertreffen, sind Konflikte vorprogrammiert. Um Wertekonflikten entgegen zu wirken, hilft es, sich bewusst zu machen, welche Vorteile gegensätzliche Werte haben können und wie man in einer Organisation davon profitieren kann. Das Verhalten anderer zu verstehen und Positives an Gegensätzlichkeit zu erkennen hilft, Denkfehler zu vermeiden und aus seiner eigenen Filterblase auszubrechen. Wie aber verhält es sich mit der Konkurrenz oder den Mitbewerbern? Konkurrenz meint doch, der andere hat etwas, was ich will oder könnte mir meinen Platz in der Nahrungskette streitig machen. Hat der andere mehr als ich, stellen sich doch folgende Fragen:

  1. Wie kann ich mir davon etwas holen?
  2. Wie beseitige ich die Unterschiede?

Aber eigentlich geht es bei Konkurrenz und Mitbewerbern „nur“ um Wettbewerb. Was ist Wettbewerb überhaupt?

Wettbewerb:

Offene Auseinandersetzung, an der ich im Bestfall wachse.

Wenn ich beim Wettbewerb mitmachen will, muss ich mich selber kennen, meine Grundhaltung, wohin ich will, was mir wichtig ist (was dürfte man mir nicht nehmen).

Wozu mache ich es? Wenn ich am Wettbewerb teilnehme, muss ich wissen, was ich will. Ich muss nicht alles Mögliche wollen. Es reicht, was ich mir im stillen Kämmerlein vorgenommen habe. Was nehme ich mir also vor?

Wettbewerb ist gut für Talente.
Wettbewerb ist gut für Innovation.
Wettbewerb ist schlecht für Könige, Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen.

Das Büchlein „Das Café am Rande der Welt“ von John Strelecky habe ich zum Geburtstag geschenkt bekommen und gelesen. Es geht um die Themen, die uns moderne Großstädter in der Arbeitswelt irgendwann alle beschäftigen: „Wenn all die Dinge, die ich für wichtig gehalten habe, es gar nicht sind.“

  1. Warum bist du hier?
  2. Hast du Angst vor dem Tod?
  3. Führst du ein erfülltes Leben?

Immer wieder geht es um den ZDE = Zweck der Existenz. Bis hierher ein normales Büchlein über Sinnsuche, die Sinnfrage und das Erkennen von Werten. Auf Seite 96 stieß ich jedoch auf einen Gedanken, der für mich neu war:

„Diejenigen, die ihren ZDE kennen und die tun, was sie möchten, um ihn zu erfüllen, scheinen sehr glücklich zu sein. Sie erleben unerwartete, scheinbar zufällige Dinge, genau dann, wenn sie es am dringendsten brauchen.“

Das erinnert mich auch an das Gesetz der Anziehung. Auf Seite 99 stieß ich auf einen Netzwerkgedanken, der scheinbar gerade dann etwas bringt, wenn wir wirklich unserer Leidenschaft nachgehen und andere das erkennen.

„Es ist großartig. Man wird automatisch von ihrer Leidenschaft und Begeisterung für das, was sie tun, angesteckt. Man hat das Gefühl, dass man sie unterstützen möchte.“

Ich kann mir gut vorstellen, dass wir Mitmenschen, die sich trauen, zu leben wie sie es wollen, inspirierend finden. Zumindest deprimieren sie uns nicht! Von daher unterschreibe ich die Aussage. Wenn wir bei Menschen erkennen, dass sie auf dem richtigen Weg sind, wollen wir ihnen einfach helfen, oder anderen Menschen, die weiterhelfen können, von ihnen erzählen. Wahrscheinlich ist das der ehrenwerteste Netzwerkgrund.

Die Geschichte vom Café am Rande der Welt beschäftigt sich auch mit der Frage, ob wir mit unserer Leidenschaft auch genügend Geld verdienen können. Es wird die Theorie vertreten, dass wir sowieso zu viel in traurigen Jobs arbeiten und mit dem verdienten Geld konsumieren, um uns bis zum Rentenziel glücklich zu machen. Konsum, Wachstum und Kapitalismus. Um Wachstum zu bekommen, müssen wir alle konsumieren. Das meiste, dass wir kaufen, landet ein halbes Jahr später auf dem Müll. Deshalb mag ich auch keine Geburtstagsgrußkarten. Bis auf das Thema Miete/Wohnraum/Rente denke ich tatsächlich, dass man mit weniger Einkommen und mehr Sinn besser durchs Leben geht und die Umwelt schont, weil wohl weniger ressourcenverschwendend konsumiert wird.

Was also dürfte man dir nicht nehmen?